Erdbeben

Forever Young, sang sie verheult in ihrem Zimmer, während sie die Dämonen ihrer Vergangenheit im Geiste quälten. Ich will einen Ozean, schrie sie inbrünstig, wobei sich ihre Stimme überschlug und in einem Hustenanfall endete. I just can‘t get you out of my head, flüsterte sie, als sie an ihre Abtreibung dachte, die Tür im Gesicht, die vielen Schwänze die auf ihr gekommen waren und die große Liebe, die ihr nun hämisch ins Gesicht lachte, so widerlich, dass sie immer lauter zurücklachen musste.

Dabei war ihre Stimme längst verstummt. Mit ein Grund dafür, warum man sie kaum überhören konnte, wenn sie einem etwas beizubringen versuchte oder sie zum Höhepunkt kam. Gehört zu werden ist wichtig. Und jemanden den man ständig überhört, wird am Ende so laut, dass er alle anderen übertönt, vor allem bei Dingen, die er/sie leidenschaftlich gerne tut. Die einzigen zwei Dinge in ihrem Leben, die konstant blieben über die letzten 30 Jahre waren ihr Drogenkonsum und ihre Schlafstörungen. Auch wenn sie nicht gerne mit der Achterbahn fuhr, so gelang es ihr ebensowenig auszusteigen. Die extra Runden konnte sie sich schon längst nicht mehr leisten.

Die Schuldzuweisungen hatte sie ebenso satt wie die Beschimpfungen und die blauen Flecken, die ihren Körper übersähten. Aber das Schlimmste daran war, die Liebe war ihr peinlich geworden. Die Liebe zu diesem einen Mann, der ihr das antat, konnte sie nicht loslassen und das war ihr noch peinlicher. Weil sie sich so dumm vorkam. Als hätte sie ihn darum gebeten ihr das anzutun, was sie ausnahmslos nie und in keinster Weise jemals getan hatte. Und dennoch lastete ein riesen Haufen Scheiße auf ihr. Den Gestank bekam sie nicht aus der Nase und das Rauschen nicht aus dem Kopf. Im Traum fielen ihr die Zähne aus oder sie hatte Haare verschluckt, die sie nicht mehr aus dem Hals ziehen konnte, weil sie Angst hatte sich selbst dabei zu verletzen. Hostil war ihr Auftreten, kein Hauch von Eleganz. Wenn sie voranschritt bebte der Boden unter ihren Füßen, als würde sie ihn sonst unter sich nicht spüren und den Halt verlieren.

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